früheres Amtsgericht am Marktplatz Quelle: Stadtarchiv Siegburg

Bereits im Mittelalter wurde im Schatten der Abtei Recht gesprochen. Das erstmals 1182 erwähnte Schöffengericht urteilte über weltliche Straftaten, aber auch über Fälle der Zivil- und der freiwilligen Gerichtsbarkeit. Berufungen gegen Entscheidungen des Scheffengerichts gingen an den Abt, der gleichzeitig Vorsitzender des Sendgerichts war. Dieses entschied über alle Vergehen religiöser und sittlicher Art. Es verurteilte Gotteslästerer, Zauberer und diejenigen, die sonn- und feiertags nicht zur Kirche gingen. Durch das Sendgericht fanden auch die „Hexen“ Siegburgs, es sollen 50 bis 200 gewesen  sein, den Tod.

Im Jahre 1676 verlor Siegburg seine eigene Gerichtsbarkeit an den Herzog von Berg als Vorsitzenden des Vogteigerichts. Die napoleonische Besatzung machte Siegburg im Jahre 1811 –ebenso wie Hennef und Eitorf- zum Sitz eines Friedensgerichts, an dem ein Richter und ein Gerichtsschreiber tätig waren. Das Friedensgericht Siegburg blieb nach der Zuteilung der Rheinlande an Preußen im Jahre 1815 trotz einer vollständigen Neuordnung der Bezirke und Zuständigkeiten erhalten.

Die Ausbildung der Friedensrichter entsprach bereits der der heutigen Amtsrichter. Erforderlich waren zwei juristische Staatsprüfungen, das Referendar- und das Assessorexamen. Geregelt war auch ihre Amtstracht: die schwarze Kleidung, eine „...Toga von wollenem Zeuge .... mit einer Borte von schwarzem Sammet.“

Die Geburtsstunde des Amtsgerichts heutiger Prägung schlug am 1. Oktober 1879. Mit Inkrafttreten der sogenannten Reichsjustizgesetze wurde Siegburg Sitz eines mit zwei Richtern besetzten Amtsgerichts. Sein Bezirk umfasste sieben Bürgermeistereien mit 31.138 Gerichtsansässigen, nämlich die Bürgermeistereien Siegburg-Stadt, Siegburg-Land, Niederkassel, Sieglar, Menden, Lohmar und Wahlscheid.

Das neue Amtsgericht verblieb zunächst in den Räumen in der Mühlengasse 33. 1887 zog es in ein Gebäude in der Ringstraße, 1899 wurde es in die Wilhelmstraße 18 verlegt. 1913 begannen Arbeiten für ein neues Gerichtsgebäude am Fuß des Michelsberges. Doch der erste Weltkrieg verhinderte dieses Bauvorhaben. So zog das Gericht 1933 in das Gebäude des Gymnasiums am Markt.

Während der folgenden Jahre des Dritten Reiches waren am Amtsgericht Siegburg fünf Richter tätig, von denen einer ein wegen seiner Gesinnung zwangsweise versetzter Oberlandesgerichtsrat war. Die Rechtsprechung in dieser Zeit war auch in Siegburg von nationalsozialistischem Gedankengut beeinflusst. So verurteilte das Schöffengericht im April 1937 ein Mitglied der durch die ReichtstagsbrandVO verbotenen Zeugen Jehovas, der Auszüge aus der Zeitschrift „Wachtturm“ sowie Zeitungsausschnitte über Gerichtsverhandlungen die Zeugen Jehovas betreffend mit sich geführt hatte, 36 Exemplare der Zeitschrift verteilt hatte und in Verdacht stand, ein leitender Funktionär der Organisation zu sein, zu einer Gefängnisstrafe von einem Jahr und sechs Monaten! Die Anrechnung der zuvor verbüßten „Schutzhaft“ lehnte das Gericht ausdrücklich ab.

Nach Ende des zweiten Weltkrieges wurde das Amtsgericht bereits am 17. Mai 1945 wieder eröffnet. Es wuchs in den folgenden Jahren stetig. 1969 übernahm es die Aufgaben der aufgelösten Amtsgerichte in Eitorf und Hennef; 1977 kam mit der Reform des Familienrechts und der Einrichtung der Familienabteilungen ein weiteres großes Aufgabenfeld hinzu. Das Gebäude am Markt war längst zu klein geworden, das Gericht auf verschiedene Nebengebäude verteilt. Im September 1979 wurde nach knapp dreijähriger Bauzeit das heutige Gerichtsgebäude seiner Bestimmung übergeben. In ihm sind das Amtsgericht Siegburg mit sämtlichen Abteilungen und –wie bereits seit 1929- das Arbeitsgericht Siegburg untergebracht.

Quellen: Walterscheid, Kulturbilder aus dem alten Siegburg; Siegburg 1952; Pamp, Das Landgericht Bonn und sein Bezirk in der Zeit des Nationalsozialismus, in: 150 Jahre Landgericht Bonn, Bonn 2000.
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